Sonntag, 19. September 2010

Weiteres Beispiel für Poe's Law

Poe's Law sagt, dass man zu Esoterik keine Satire machen kann, weil sie von ernstgemeinter Esoterik ununterscheidbar wäre (s. letzer Post).

Hier ein schönes Beispiel. Das folgende ist keine Satire:
The evolution of your Oversoul and Mighty I Am Presence is not just dependent on you, it is also dependent on the evolution of the 143 other Souls of your Monadic family! So God, Christ, and the Holy Spirit have offered to do this program in the 352nd level of reality for your entire Monadic family.
Wer alle 144 Seelen seiner Monadischen Familie voranbringen will, kann sich hier weiter informieren: I AM University.

Poe's Law

Poe's Law besagt, dass man keine Satire zu Fundamentalismus, Esoterik und ähnlichem machen kann. Egal wie schräg und abgedreht man die Satire gestaltet, sie ist von echten Texten nicht unterscheidbar. Das heißt, der Leser kann nicht erkennen, dass es Satire ist.
Eine Erklärung mit Beispielen findet man hier: Artikel über Poe's Law auf RationalWiki.

Als ich im Leserforum zu dem Science-Bashing-Artikel auf SPON (s. vorheriger Post) herumgestöbert habe, bin ich auf ein schönes Beispiel für Poe's Law gestoßen. Da hat jemand dies geschrieben:
Danke für diesen guten redaktionelle Beitrag.
Leider werden aber oftmals auch Tatsachen verschwiegen, wie z.B. das gefährliche Erdstrahlen über das Internet gebündelt werden.
Auf dieser Seite ist die Thematik gut erklärt:
http://www.hochbuerder.org/erdstrahlen/

Leider ist es kein Irrtum. Wissenschaft ist manchmal kompliziert.
Der Link verweist auf eine wirklich sehr gut gemachte Satire (lohnt sich, die anzusehen). Das lustige ist, dass darauf sofort jemand antwortet und das nicht als Satire erkannt hat:
Erdstrahlen werden vor allem durch die Schädeldecken hohler Köpfe gebündelt.

"Erdstrahlen" sind längst als psychosomatisches Syndrom erklärt worden. Durch die Einbildung solcher Strahlen werden Menschen krank. Der menschliche Körper kann eingebildete Krankheiten und Bedrohungen physisch manifestieren. Das ist bekannt. Menschen, wie ihr Dr. Hochbürder (Ist der Doktor echt?), machen sich das zunutze, um diesen armen Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen.
[...]
 Aber vielleicht täusche ich mich ja auch, und es ist gar keine Satire ...

Science Bashing auf SPON

Heute ist auf Spiegel Online ein Artikel zum Thema "Mythen" erschienen:
Spiegel Online vom 19.09.2010:  Auf den Zahn gefühlt

Das ist ein typischer dummer Science-Bashing-Artikel. Der Artikel kommt aufklärerisch daher. Es werden ein paar bekannte Beispiele genannt (früher dachte man, die Erde sei eine Scheibe, und man glaubte, der Aderlass hilft usw.). Und dann wird der Eindruck erweckt, als sei alles Wissen nur gerade Ansichtssache, und wenn man lange genug wartet, wird sich alles irgendwann als falsch herausstellen.

Früher dachte man, die Erde sei eine Scheibe. Das hat sich als falsch herausgestellt. Heute weiß man (oder wenn man dem folgt, was der Artikel suggeriert) "denkt" man, die Erde sei keine Scheibe. Und weil ja alles Wissen auf unsicheren Füßen steht, wird sich dann irgendwann wieder herausstellen, dass die Erde doch eine Scheibe ist? Oder wie?

Freitag, 3. September 2010

Entspanntes Forschen

Man kann froh sein, wenn man auf einem Forschungsgebiet arbeitet, dass frei von Tabus und gesellschaftlichen Kontroversen ist.

Aktuelles Beispiel: An der Uni Oldenburg ist im Rahmen einer Masterarbeit eine Studie erstellt worden zu der Frage, ob Lehrer die Vornamen von Schülern, die sie sonst nicht kennen, bei der Benotung berücksichtgen (also Vorurteile haben). Die Studie gibt es hier. Kurz zusammengefasst: Es gibt einen solchen Effekt, aber er ist klein.

Das ist ein kontroverses Thema. Was passiert? Alle Medien berichten darüber. Und natürlich wird das Ergebnis, dass es eine Korrelation gibt, fett in der Überschrift herausposaunt. Dass der Effekt klein ist, steht dann irgendwo klein im Artikel. Und das weitere Ergebnis der Studie, dass nämlich der zufällige Unterschied bei der Bewertung derselben Schülerarbeit durch verschiedene Lehrer sehr groß ist, wird kaum erwähnt. Obwohl das ein wirklich bedenkliches Problem ist.

Aber den eigenlichen Skandal sehe ich woanders: Die Studentin, die die Masterarbeit angefertigt hat, will anonym bleiben. Die Arbeit soll unter einem Pseudonym erscheinen. Die Studentin befürchtet unter anderem Anfeindungen von Lehrern und Belästigungen von Journalisten.

Ich habe Verständnis für die Studentin. Aber es ist traurig, dass Wissenschaftler Angst vor Anfeindungen haben müssen, wenn sie Überbringer schlechter Nachrichten sind.

Normalerweise ärgert es mich, dass mein Forschungsgebiet in der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen wird. Mir wäre ganz recht, wenn der Spiegel mal über mein letztes Forschungsergebnis berichten würde.

Aber andererseits forscht es sich doch auch entspannter, wenn man sich nicht mit Kontroversen Themen wie Lehrer-Vorurteilen beschäftigt. Wenn man sich die aktuellen Diskussionen um Thilo Sarrazins Buch ansieht, muss man vor den Wissenschaftlern Respekt haben, die sich noch trauen, Papiere zu veröffentlichen, in denen die Wörter "Intelligenz" und "Vererbung" vorkommen. Denn ob wahrgenommen wird, dass da auch noch die Worte "kein Zusammenhang" standen, ist fraglich.